Die passende Universität für dein Auslandssemester:
Uni- und Programmsuche
1.
2.
3.

Erfahrungsbericht: Rebecca Froese

„Im Anschluss organisierte ich mir eine Praktikumsstelle im Forschungsbereich Marine Geosciences und belegte zudem einen weiteren Kurs an der Universität.“

Von September bis Dezember 2012 verbrachte ich mein fünftes Semester als Visiting Student an der University of Victoria im Fachbereich Earth and Ocean Sciences. Im Anschluss an dieses Semester organisierte ich mir eine Praktikumsstelle im Forschungsbereich Marine Geosciences und belegte zudem einen weiteren Kurs an der Universität.

Planung und Vorbereitung

Schon seit Beginn meines Studiums spielte ich mit dem Gedanken ins Ausland zu gehen. Mit konkreten Überlegungen und Planungen begann ich dann circa 9 Monate vor der geplanten Ausreise. Schnell wurde mir klar, dass ich in ein englischsprachiges Land gehen wollte, um meine englische Fachsprache zu verbessern, da ich nach dem Bachelor gerne einen englischsprachigen Master in Marine Geosciences belegen wollte. Schon zu Beginn der Suche tendierte ich zu Canada als mein Wunschland, schloss jedoch auch andere Zielländer nicht aus. Ich erkundigte mich über Partneruniversitäten der Universität Bremen, fand jedoch keine, die mich begeistern konnte. Auf der Seite von IEC (International Education Centre) fand ich schließlich Profile einiger canadischer Universitäten, die mir in meiner Entscheidungsfindung sehr hilfreich waren. Da ich das Auslandssemester nutzen wollte, um meine Studienschwerpunkte Marine Geosciences und Geochemistry zu vertiefen suchte ich nach einer Uni, die nicht nur ein breites Angebot an Kursen in diesem Gebiet hat, sondern die auch Kooperationen mit wissenschaftlichen Instituten in der Umgebung pflegt. Meine Wahl fiel schließlich auf die University of Victoria, deren hervorragende Lehre durch landesweite Rankings bestätigt wurde und die zudem Partnerschaften mit dem Bamfield Marine Science Center und dem Pacific Geocience Center pflegt. Auch die Lage der Uni, an der Südspitze von Vancouver Island konnte mich voll überzeugen, da ich bereits auf einer Reise einige Jahre zuvor von Vancouver Island sehr begeistert war und ich zudem die geologische Geschichte der Insel und der ganzen Westküste Canadas sehr interessant finde. Nachdem meine Entscheidung gefallen war, bewarb ich mich bei der Uni für ein Semester als Visiting Student. Dieses Programm wurde im letzten Jahr neu eingeführt. Zuvor wurden nur Austauschstudenten von Partneruniversitäten angenommen.

Nachdem ich das Studienplatzangebot von der UVic hatte, bewarb ich mich um ein Stipendium bei der Studienstiftung, von denen ich sehr bald eine positive Antwort bekam. Nun konnte die intensivere Vorbereitung beginnen. Mit meiner Wohnung und meiner canadischen Mitbewohnerin, die ich schon von Deutschland aus gefunden hatte, war ich sehr zufrieden. Zudem ersparte es mir die Wohnungssuche vor Ort und ich hatte mehr Zeit die Stadt und die Uni zu erkunden, bevor das Studium losging. Eine Krankenversicherung war von vornherein in den Studiengebühren inbegriffen. Da ich jedoch bereits in Deutschland eine Versicherung abgeschlossen hatte, die zudem bessere Leistungen im Angebot hatte, konnte ich mich von der universitären Krankenversicherung in Canada befreien lassen. Um sicherzugehen, dass alle Kurse, die ich belegen wollte, an der Uni Bremen anerkannt werden, setze ich mich bereits im Vorfeld mit meiner Studienberaterin in Kontakt und diskutierte mit ihr meine Kurswahl. Bei der Rückkehr hatte ich daher auch keine Probleme mit der Anrechnung der von mir belegten Kurse.

Das Studium an der University of Victoria

Wenn ich mein Studium an der UVic in einem Satz zusammenfassen sollte, würde ich sagen, dass es sehr arbeitsintensiv und anstrengend war, aber mich in meinem Lernstadium und Lernprozess unglaublich bereichert hat. Während die Präsenzzeit in Vorlesungen und Seminaren verglichen mit meinem Studium in Deutschland sehr gering war, lag der Schwerpunkt des Studiums in Canada auf selbstständigem Bearbeiten von Übungsaufgaben, dem Schreiben von Hausarbeiten und Forschungsberichten und der Vorbereitung auf studienbegleitenden Tests. Diese Art des Lernens gefiel mir sehr gut und ich habe das Gefühl, dass die Menge der Gelernten und Behaltenen Inhalte deutlich die Inhalte aus meinem vorherigen Studium übersteigt. Im Gegensatz zu meinem Studium in Deutschland, wo die Lerninhalte in Form einer Klausur am Ende des Semesters abgefragt werden, hatte ich hier die Möglichkeit mich im Verfassen von professionellen wissenschaftlichen Texten zu üben und ein bewertetes Feedback zu bekommen. Die vier Kurse, die ich im ersten Semester (September-Dezember) belegte waren „Global Tectonics“, „Understanding the Worlds Oceans“, Directed Studies „Cold Seeps“ und „Academic Writing“. Im zweiten Semester (Januar-März) belegte ich zudem noch einen „Directed Studies“ Kurs in „Gas Hydrates“. Im Kurs „Global Tectonics“ beschäftigte ich mich vor allem mit verschiedenen geologische Strukturen, die an den Rändern von Kontinentalplatten auftreten können. Anhand von Beispielszenarien weltweit habe ich gelernt, wie Plattenbewegungen berechnet und vorhergesagt werden können. Besondern faszinierend war dieser Kurs auch, weil immer wieder Beispiele aus der direkten Umgebung von Victoria genannt und erläutern wurden. Dadurch veränderte und erweiterte sich ständig mein Verständnis von der geologischen Vergangenheit der Insel und meiner unmittelbaren Umgebung. Zu Beginn des Semesters erhielt ich die Aufgabe eine Literaturrecherche, zu der Galapagos Triple Junction durchzuführen und einen Forschungsbericht darüber zu schreiben, der am Ende des Semesters abgegeben wurde und zu 30% in die Endnote einfloss. Zusätzlich zu dem verfassten Bericht hielt ich eine Präsentation über die wichtigsten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Region um die Galapagos Triple Junction. Der Kurs „Understanding the worlds oceans“ war unterteilt in zwei Blöcke. Der erste Block beinhaltete die Grundlagen der marinen Geologie und Biogeochemie und des Systems Ozean. Einiges aus diesen Eingangsvorlesungen war mir bereits aus Veranstaltungen an der Uni Bremen bekannt, jedoch flossen auch viele neue Aspekte mit hinein. Der zweite Block orientierte sich mehr an einer Seminarstruktur und weniger an Frontalunterricht. Die verbleibende Zeit wurde unterteilt in 4 Module mit je zwei Vorlesungen, 1 Gastvorlesung und einer Gruppenarbeit. Zusätzlich wurde zu jedem Modul eine Hausarbeit angefordert. Die Aufgabenstellung der Hausarbeiten gefiel mir besonders gut, da der Schwerpunkt auf Öffentlichkeitsarbeit gelegt war. So war die Aufgabe im Modul „Ocean Pollution“ das Verfassen eines „Fact Sheets“ für eine Nachbarschaftsversammlung, oder die Hausarbeit für das Modul „Overfishing“ das Schreiben eines Primers für das Department of Fisheries and Oceans Canada. Da während des Studiums normalerweise wissenschaftliches Schreiben stark im Vordergrund steht, fand ich es sehr abwechslungsreich und nützlich mich etwas mehr mit der Thematik zu beschäftigen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse in eine leicht verständlich und trotzdem wissenschaftlich korrekte Form verpackt werden können. Den Kurs „Academic Writing“ belegte ich zusätzlich zu den für meinen Bachelor anrechenbaren Kursen, um ein fundiertes Grundwissen im Verfassen wissenschaftlicher Texte auf Englisch zu erwerben, da ich zuvor in meinem Studium noch keine englischen Texte verfasst hatte. Über Lernevaluationen in diesem Kurs und über die sehr zufriedenstellenden Fortschritte auch in anderen Kursen konnte ich deutliche Veränderungen in der Art meines Schreibens feststellen, was letztendlich auch zu sehr guten Resultaten in Hausarbeiten und Berichten in den anderen Kursen führte. Das positive Feedback meiner Dozenten führte unter anderem auch dazu, dass ich mich entschlossen habe meine Bachelorarbeit, die ich im kommenden Semester beginnen werde, auf Englisch zu verfassen.

Die Highlights meines Auslandssemesters waren die zwei „Directed Studies“ Kurse, in denen ich mich durch eine eins zu eins Betreuung mit meinem Dozenten sehr intensiv mit der Thematik von Cold Seeps und Gas Hydrates auseinandersetzen konnte. Die Registration für diese Kurse verlief anders als für die Kurse des normalen Lehrangebotes der Universität, da ich mich selber um einen Betreuer kümmern musste, der sich bereit erklärte, mich über die ganze Zeit des Semesters zu betreuen. Die Suche gestaltete sich zunächst etwas schwierig, da viele Dozenten mit Forschung und Lehre schon stark ausgelastet waren. Da ich meine Suche aber nicht nur auf die universitären Professoren beschränkte, sondern auch Gastprofessoren vom Pacific Geoscience Centre in Sidney (Vancouver Island) kontaktierte, fand ich schließlich einen Dozenten, der sogar bereit war, mich in beiden meiner „Directed Studies“ Kurse zu betreuen. Den Inhalt der Kurse konnte ich in Absprache mit meinem Betreuer selber auswählen. Da meine Schwerpunkte Geochemie und Meeresgeologie sind und ich gerne ein Thema mit Gesellschaftsrelevanz bearbeiten wollte, einigte ich mich mit meinem Betreuer auf die Themen Cold Seeps und Gas Hydrate. Es wird spekuliert, ob diese Methanquellen am Meeresboden nicht nur eine Auswirkung auf die Beschaffenheit des Meeresbodens und des Wassers in ihrer unmittelbaren Umgebung haben, sondern auch auf die Atmosphäre. Ob und in welchen Mengen Methangas aus dem Meeresboden an die Meeresoberfläche gelangt und in die Atmosphäre entgast, ist Gegenstand aktueller Forschung. Methangas ist ein sehr starkes Treibhausgas und die Freisetzung von Methan in großen Mengen kann das Klima der Erde nachhaltig beeinflussen und verändern. Gas Hydrate wurden an vielen Kontinentalhängen weltweit nachgewiesen. Vor allem Japan, Korea, USA und Canada forschen derzeit an Methoden, wie das Methangas möglichst wirtschaftlich und umweltverträglich gefördert werden kann, da Gashydrate als große potentielle Energiequelle gehandelt werden. In meinen zwei Kursen setze ich mich mit den Methoden der Exploration auseinander und beschäftigte mich mit Modellen, die den Transport von Methan in die Atmosphäre beschreiben. Des Weiteren verfasste ich eine Hausarbeit über die globalen Gashydrat Vorkommen und den Transport von Methangas innerhalb der Sedimente im Meeresboden. Strukturiert waren die Kurse so, dass ich wöchentlich ein- bis zwei Mal an das Institut fuhr, welches ca. eine Stunde außerhalb von Victoria gelegen war. Dort traf ich mich mit meinem Betreuer für meist mehrere Stunden und besprach mit ihm die Paper, die ich gelesen hatte, sowie die Fragen die ich mir dazu stellte. Im Folgenden diskutierten wir weitere Inhalte, die das jeweilige Thema betrafen und planten die Inhalte der Paper, die ich schreiben sollte. Zusammengefasst kann ich sagen, dass ich durch diese zwei Kurse ein sehr gutes Hintergrundwissen über die Thematik erhalten habe und kann nur jedem empfehlen, solch einen Kurs zu machen. Das Praktikum an der University of Victoria Im Anschluss an mein Studium absolvierte ich ein zweimonatiges Praktikum, welches thematisch sehr stark mit den zwei „Directes Studies“ Kursen in Verbindung stand. Das Praktikum fand ebenfalls im Department of Earth and Ocean Sciences der University of Victoria in der Abteilung Geochemistry statt. Meine Aufgabe war es, Gasproben auf Methangehalt zu untersuchen. Die Gasproben wurden aus Wasserproben extrahiert, die auf einer Ausfahrt vor der Küste von Haida Gwaii im Dezember 2012 gesammelt wurden. Meine Aufgabe war es, den Methangehalt der Gasproben zu analysieren. Dies geschah mit einem sogenannten GYRO Photospectrometer. Anschließend verfasste ich einen Bericht, in dem ich meine Ergebnisse darstellte und auswertete. Des Weiteren wertete ich Videoaufnahmen eines Tauchroboters aus, der am Cascadia Margin vor der Küste von Vancouver Island entlanggetaucht war. Anhand dieser Videoaufnahmen konnte ich Bakterienmatten am Meeresboden auskartieren, anhand derer Methanaustrittsstellen am Meeresboden lokalisiert werden können. Im Mai 2013 wird eine weitere Expedition in diese Region fahren, um Bohrkerne zu sammeln. Da die Bakterienmatten unter Schutz stehen, lieferte die von mir erstellte Kartierung zudem Sicherheit, dass keine Bakterienmatten im Gebiet der geplanten Bohrungen vorhanden sind.

Das Leben in Victoria

Das Leben in Victoria ist sehr vielfältig und bietet für jeden Geschmack eine breite Auswahl an Freizeitmöglichkeiten. Die als Hippiemetropole Canadas bekannte Hauptstadt British Columbias hat ein breites kulturelles Angebot von Konzerten und Cabaret in kleinen Kneipen und Pubs bis hin zu Opern und Symphonieproduktionen. Für Studenten gibt es zudem stark ermäßigte Preise, sodass auch regelmäßige Besuche im Royal Theatre nicht zu stark in das Budget eingreifen. Wer sportlich aktiv werden möchte, kann in der Umgebung von Victoria hiking, mountain biking oder rock climbing machen und dabei die unglaublich schöne Natur Vancouver Islands genießen. Zudem bietet die Universität ein fast unerschöpfliches Angebot an Sport Clubs an, die unter studentischer Selbstverwaltung stehen. Mir stellte sich die Qual der Wahl, aber da ich jede Möglichkeit nutzen wollte etwas Neues kennenzulernen, entschied ich mich für die Angebote Segeln, White Water Kayaking, Fechten, Outdoor Activities (Hiking, Kayaking, Rock climbing etc…) und Tauchen. Die Sport Clubs boten eine exzellente Möglichkeit, mit neuen Leuten in Kontakt zu kommen und gleichzeitig etwas gemeinsam zu unternehmen, da viele der Aktivitäten am Wochenende stattfanden. Da mir das Tauchen besonders gut gefallen hat und ich in meinem späteren Beruf Tauchen als Zusatzqualifikation einsetzen möchte, habe ich zusätzlich zum ersten Tauchschein im Oktober (Open Water Diver) im Februar meinen zweiten Tauchschein gemacht (Advanced Open Water Diver). Im Winter bot sich zudem die Möglichkeit zum Skifahren im nur drei Stunden entfernten Skigebiet am Mount Washington. Besonders beeindruckend war das Skifahren mit Ausblick auf den Ozean und die Strait of Georgia über die man bei gutem Wetter bis auf das Festland blicken konnte. Victoria hat ein sehr gut ausgebautes Bus System, sodass die Mobilität in der Stadt und in der Umgebung gewährleistet ist. Wer gerne mit dem Fahrrad unterwegs ist, sollte sich auf jeden Fall einen Helm zulegen, sofern er oder sie es nicht schon getan hat, da es strafbar ist in Victoria ohne Helm Fahrrad zu fahren. Zudem sind Fahrradwege bei Weitem noch nicht so gut ausgebaut wie in vielen Städten Deutschlands, sodass Autos und Fahrräder sich die Fahrbahnen teilen müssen und man sich als Fahrradfahrer nicht selten neben einem großen Truck oder Doppeldeckerbus wiederfindet.

Fazit

Rückblickend sehe ich meinen Studienaufenthalt in Canada als eine sehr wertvolle Erfahrung, die ich jedem nur weiterempfehlen kann. Neben den akademischen Lehrinhalten konnte ich viele Dinge für mein Leben lernen, habe eine neue Kultur kennengelernt und viele neue Kontakte geknüpft, die mir in meinem späteren Berufsleben möglicherweise noch Vorteile bringen könnten. Ich hatte die Möglichkeit, ein neues Land kennenzulernen, meine englischen Sprachkenntnisse zu vertiefen, Zusatzqualifikationen zu erwerben und praktische Erfahrungen während meines Praktikums zu sammeln.